Das Leben auf Carlas ist geprägt von dem Leben mit der Natur, die hier ihren eigenen Gesetzen folgt und die die Menschen sich zu Nutze machen. Sie spüren ihre Macht und setzen sie für sich ein – die Macht von Terra, Silva, Unda und Ignis. In einer Zeit des gesellschaftlichen Umbruchs treffen die Undari Gloria und Monique, eine Igneerin, aufeinander. Unvorhergesehen sehen sich beide der Aufgabe gegenüber gestellt, jene Naturmächte aufzufinden – und für das zu kämpfen, das ihnen am wichtigsten ist.  

Prolog aus Gloria und Monique

Die Bergsiedlung zog sich von der Hauptstraße ausgehend einen Hügel hinauf bis zum neuen Dorfplatz, in dessen Mitte ein Löschteich lag. In penibler Gleichheit reihte sich dort ein Häuschen neben das andere. Mit ihren glänzenden Dächern und den akkuraten Buchsbaumhecken hob sich die Neubausiedlung deutlich vom alten Dorfkern ab. Das letzte Haus in dieser Reihe, etwas zurückgesetzt, war vom gegenüberliegenden Feldweg aus gut zu erkennen. Monique behielt es die ganze Zeit im Blick, während ihr Atem langsam zur Ruhe kam.

Anfangs ließen nur die aufgescheuchten Vögel und das anhaltende Hundegeblaff vermuten, dass das malerische Bild trog. Erst als das Tageslicht gänzlich verschwand und der Himmel im Westen hell, im Osten dunkler, sich über das Dorf spannte, sah man das Glühen der Flammen sich an den grauen Fassaden widerspiegeln und dicken Qualm in die Nacht hinaufsteigen.

Vor wenigen Stunden hatten Moniques Eltern das Haus verlassen mit den Worten, sie solle doch bitte nichts anstellen. Sie sprachen immer noch zu ihr wie zu einem Kleinkind. Bitterkeit stieg in ihr auf, während sie nervös den Verschluss des alten Sturmfeuerzeugs geräuschvoll auf- und zuklappen ließ. Klack-klack. Klack-klack. Ihre Mutter hatte das Geräusch mehr als einmal zur Weißglut getrieben. Klack-klack. Moniques Spiel mit dem Feuer würde sie nie verstehen.

„Du bist halt anders“, hatte ihr Vater einmal gesagt. Klack. Die immer zahlreicheren Brandflecken auf ihrem Schreibtisch hatte er stets geflissentlich übersehen. Klack. Und nicht einmal mit der Wimper hatte er gezuckt, als sie vor Wut die Samtgardinen im Wohnzimmer angekokelt hatte. Er hatte lediglich eines Tages im ganzen Haus die Rauchmelder abgebaut. Das hatte er nun davon.

Nur ihre Großmutter hatte es immer gut mit ihr gemeint.

Als die Sirenen der Feuerwehr zu Monique hinüber schallten, stand sie noch immer wie betäubt am Feldweg und blickte hinüber zu dem flammenden Haus. Jetzt gab es kein Zurück mehr. Sie tastete in ihrer Hosentasche nach dem Umschlag mit dem Ticket in ihre Freiheit: Der Pass für die Überfahrt nach Carlas. Auf der Insel würde sie unter ihresgleichen sein, wenn sie das Feuer beschwor und die Flammen tanzen ließ. Vielleicht würde sie sogar Freunde finden. Doch hinter dem Gefühl, endlich frei zu sein, pochte die Angst, sich von nun an allein durchschlagen zu müssen.

Unvermittelt erschien ein dunkler Schatten neben ihr und blickte fragend auf sie hinab.

„Ich habe mich entschieden“, sagte sie und wendete sich vom Anblick des Dorfes ab. Mit verkniffenem Mund nahm sie die Reisetasche in die Hand, warf sich ihren Rucksack über die Schultern und lief weiter den Feldweg entlang, bis sie über einen flachen Hügel stieg und ihr altes Zuhause hinter sich ließ.

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